Tag 15: Nütschau – Nahe (17.07.2021)

Da es heute erst um 8:15 Uhr Frühstück gab, kam ich erst um 9:00 Uhr los. Da es aber auch heute nur 16 km sind, sollte mir das durchaus recht sein. Allgemein habe ich auch den heutigen Tag entspannt angehen lassen und habe viele kleine und größere Pausen gemacht.

Zu Gute kam mir heute auch, dass es zwar weiter sehr warm war, aber nicht mehr so drückend schwül. Außerdem verliefen heute viele Wege im Schatten.

Die ersten Kilometer waren jedoch weniger schön, meist auf Teerstraßen an Felder entlang und nahe der Straße.

Ein Feld. Im Hintergrund ist übrigens ein Maisfeld. Vielleicht ist es Einbildung, aber ich glaube die Maispflanzen sind in den zwei Wochen, die ich unterwegs bin, gewachsen.

Ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich es mir zur Gewohnheit gemacht habe, auf Google Maps den Weg des jeweiligen Tages abzugehen, um zu schauen, was sich entlang des Weges befindet, insbesondere Sitzmöglichkeiten z.B. in Form von Bushaltestellen oder auch Cafés. Auch wenn ich meinen Pilgerführer sehr schätze, sind die Informationen diesbezüglich darin leider etwas mau. Zwar wird durch Symbole angezeigt, ob es im jeweiligen Ort eine Einkehrmöglichkeit gibt, aber nicht, ob sie direkt am Weg liegt und was es für eine ist.

Nach gut 9 km, es war gerade Mittagszeit, erreichte ich im Ort Sülfeld ein Café. Ich habe mich bereits seit dem Morgen darauf gefreut. Es gab ein leckeres Stück Kuchen und passend dazu ein eine MezzoMix (ja glaubt ihr wirklich ich würde bei dem Wetter in der Mittagshitze eine Kaffee trinken?!).

Die übrigen 7 Kilometer gingen, wie auch schon ein paar Kilometer zuvor, größtenteils über einen alten Bahndamm, der zu Baum- und Holzlehrpfad umfunktioniert wurde und viel Schatten bot.

Die gewisse Eintönigkeit des Weges hatte bei mir den Effekt, dass ich wieder mal zum Nachdenken kam.

Irgendwie empfand ich es als puren Luxus, dass ich mir die Zeit nehmen kann, solch eine Pilgerreise zu machen. Zum einen habe ich keine (familiären) Verpflichtungen und zum anderen kann ich mir so etwas überhaupt leisten; das ist keine Selbstverständlichkeit!

Wenn ich darüber nachdenke wie viele Menschen es gibt, die sich gerade nur das Nötigste leisten können, fühle ich mich privilegiert, es ist ein wirklicher Luxus. Und ich fragte mich, wieso es so ist. Es mag viele Gründe geben, aber bei einem Grund verharrten meine Gedanken: Bildung! Ich hatte das Glück, die Möglichkeit gehabt zu haben zu studieren und dadurch letztlich gut zu verdienen (oder besser verdient zu haben). Auch das ist nicht selbstverständlich. Gerade in der Coronazeit wurde und wird immer wieder darüber berichtet, dass die Bildungsschere in der Schule weiter auseinander geht. Ich finde es erschreckend, dass Möglichkeiten und Begabungen, die man als Jugendlicher oder junger Erwachsener hat, letztlich das ganze Leben bestimmen. Soweit zu meinen heutigen Gedanken.

Als ich gegen 15:30 Uhr in Nahe ankam, kontaktierte ich den hiesigen Pastor, der auch gleich das Gemeindehaus, das direkt an der Kirche angeschlossen ist, für mich öffnete, mir alles erklärte und noch für eine kurze Unterhaltung Zeit hatte.

Kirche und Gemeindehaus in Nahe

Extra für die Pilger gibt es Feldbetten mit Schlafsack und Handtüchern. Da ich der einzige Pilger heute bin, konnte ich auch das Sofa im Nebenraum wählen, was ich schließlich tat.

Feldbetten für Pilger
Und ein Sofa für Pilger

Zum Abendessen ging es noch in eine etwa 1 km entfernte Pizzeria, die mir vom Pastor des Ortes empfohlen wurde.

Zum Abschluss noch ein paar Infos, wie weit ich bisher gekommen:

Heute endete der 15. Tag meiner Pilgerreise. Wenn man bedenkt, dass ich plante in 5 Monaten (= ca. 150 Tagen) von Greifswald nach Santiago zu gehen, wäre nun 10% der Zeit um. Wie sieht es also mit der Strecke aus?

Von den etwa 3.400 km von Greifswald nach Santiago habe ich gut 320 km zurückgelegt, liege hier also etwas unter 10% der Gesamtstrecke. Da ich gerade zu Beginn und auch in den letzten heißen Tagen lieber etwas kürzer getreten bin, finde ich das aber absolut in Ordnung. Morgen geht es erstmal nach Hamburg rein. Ganz Hamburg zu durchqueren wird auch 2-3 Tage kosten. Und in etwas über einer Woche werde ich in Bremen sein. Dort plane ich einen Ruhetag ein 🙂